Fertige
Lösungen lohnen sich für Kleine
Angesichts der komplexen Einführung von Customer Relationship
Management kann ASP (Application Service Providing) eine echte Chance
darstellen. Allerdings nur, wenn das Unternehmen in der Lage ist, seine
Kundenprozesse der Software des Diensteisters anzupassen.
Nach dem Ende des Internet-Booms ist es ruhiger um Schlagworte wie
ASP geworden. Zeit also, sie noch einmal in Ruhe abzuklopfen.
ASP ist vor allem nicht einfach Outsourcing. Outsourcing wird seit
Jahrzehnten von Großkonzernen praktiziert, um die Wertschöpfungsstufe
IT, die in vielen Branchen nicht zum Kerngeschäft gehört, von Firmen
betreiben zu lassen, zu deren Kerngeschäft das gehört. Ein externer
Partner ist viel einfacher auf Effizienz und Service zu trimmen, als
eine interne Abteilung. Outsourcing ersetzt aber fast immer nur den
Betreiber einer IT-Infrastruktur, selten wird dagegen eine andere
Applikations-Software eingesetzt oder gar an Kernprozessen etwas
geändert.
Betreiber bildet Standardprozesse
Hinter ASP steckt dagegen eine ganz andere Idee: Nicht eine vorhandene
Applikation soll den Betreiber wechseln, sondern der Betreiber bringt
seine Applikation gleich mit. Nicht der ASP-Kunde sagt dem Betreiber,
welche Prozesse abzubilden sind, sondern der Betreiber bildet
Standardprozesse ab, die der Kunde zwangsweise mitkauft. Damit verkauft
der Betreiber Standarddienste an eine große Zahl von Kunden, statt nur
die Software eines großen Kunden zu betreiben. Automatisch wird auch die
Zielgruppe klar: Nur kleine und mittelgroße Firmen sind hierfür
geeignet, ihnen blieb noch nie etwas anderes übrig, als ihre Prozesse
einer Standardsoftware anzupassen. Eigenentwicklungen schieden meist aus
oder wurden mittelfristig wieder aufgegeben. Von daher erfordert es kein
Umdenken, dies auch beim ASP-Modell zu verlangen.
Dabei ist die entscheidende Frage: Warum sollte irgendjemand Software
extern betreiben lassen, wenn er sie auch intern einfach auf seinen
Rechnern installieren kann. Darauf gibt es drei potenzielle Antworten:
• Communication: die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Nutzern
des Diensts
• Convenience: eine einfache Handhabung
• Cost: Kosteneinsparungen
Der erste Punkt liegt auf der Hand: Sobald eine Applikation viele Nutzer
miteinander verbindet und eventuell sogar Nutzer außerhalb des
Unternehmens anbindet, gibt es fast keinen Grund mehr, diese Applikation
nicht an neutraler Stelle im Netz zu betreiben. Dies senkt die Kosten
der Datenübertragung und vereinfacht den Zugriff für alle Beteiligten.
Das einleuchtende Extrembeispiel hierfür ist das Telefonieren, aber auch
E-Mail, Web-Host oder Internet-Marktplätze funktionieren bereits
erfolgreich als ASP.
Die einfachere Handhabung ergibt sich daraus, dass der Anwender sich im
ASP-Betrieb nicht um seine IT zu kümmern braucht: Keine abstürzenden
Server, keine gestörten Leitungen, keine veraltete Software, keine
unterdimensionierten Rechner, keine fehlerhaften Backups.
Ein Beispiel hierfür ist ein meist völlig vergessener, aber trotzdem
marktbeherrschender ASP-Anbieter: Die Datev. Während noch alle
Beratungsgesellschaften und Marktforscher für die kommenden Jahre
ASP-Umsätze in Milliardenhöhe prognostizieren, aber die heutige
Marktgröße mit nahe Null ansetzen, straft die Datev bereits seit
Jahrzehnten alle diese Marktforscher als inkompetent ab. Der
Datev-Dienst ist eine klare ASP-Anwendung, nutzt alle Skaleneffekte und
erreicht exakt die angestrebte Zielgruppe. Die Datev hat genau den Punkt
Convenience getroffen: Kein Steuerberater käme auf die Idee, selbst
einen Server im Keller aufzubauen, sich eine geeignete Applikation zu
suchen und diese immer mit den neuesten Änderungen der
Steuergesetzgebung aktuell zu halten.
Am Burda-Standort Offenburg ist mit Burda
Ciscom eine ASP-Tochter für das Verlagswesen entstanden.
Vielfältiges Sparpotenzial
Die geforderten Kosteneinsparungen ergeben sich aus dem bereits
genannten. Weiterhin entstehen Kostenvorteile durch den Betrieb von
standardisierten Applikationen für eine Vielzahl von Kunden. Bei
Hardware, Software, Wartungspersonal und Netzanbindung kann gewaltig
gespart werden, und die bereits zitierten Beispiele für erfolgreiche
ASP-Modelle machen dies auch mit gutem Ergebnis. Der Anwender bekommt
diese Ersparnis in einem niedrigen Preis als Nutzungsargument
weitergereicht.
Nun tummeln sich auf dem ASP-Markt aber nicht nur die seit Jahren
etablierten Dienste, sondern auch eine Vielzahl von neuen Angeboten.
Gerade letztere sollen ja die gewaltigen Prognosen der Beratungshäuser
erfüllen. Von diesen unterschiedlichsten Ideen erscheint allerdings
gemäß unseren obigen Erfolgskriterien nur eine einzige wirklich
interessant: CRM als ASP.
Customer Relationship Management erfüllt gleich alle drei der genannten
Kriterien:
CRM-Anwendungen sollten von einer größeren Zahl von Nutzern im
Unternehmen zugreifbar sein, als jede andere Anwendung. Neben dem
Außendienstmitarbeiter ist in vielen Branchen sogar der Kunde selbst an
einem Datenzugriff interessiert oder schon eingebunden.
Außerdem sind die CRM-Nutzer meist Vertriebe und Marketingabteilungen,
deren Bereitschaft sich mit neuen Anwendungen auseinanderzusetzen
geringer ist, als in technischen Abteilungen. Die Anwendung muss daher
sehr einfach bedienbar und implementierbar sein und in gängiger
Standardsoftware wie etwa Microsoft-Office integriert arbeiten.
Weiterhin ist die IT-Ausrüstung von Vertrieben oft heterogen und das
Aufspielen intern entwickelter Software entsprechend problematisch. Ein
mit dem Internet-Browser zugreifbarer ASP-Dienst ist oft die einzig
sinnvolle Lösung.
Seine schlanken Thin Clients vertreibt
Marktführer
Wyse mit Hilfe einer webgestützten CRM-Lösung im ASP-Betrieb.
Der Nutzer muss sich anpassen
Trotzdem ergeben sich bei CRM als ASP die gleichen Stolpersteine, die
sich auch bei jedem anderen ASP-Dienst ergeben: Die Integration einer
neuen Anwendung in ein Unternehmen erfordert oft deren kundenspezifische
Anpassung. Dies steht im direkten Widerspruch zum ASP-Modell, das ja
gerade von seinen Skaleneffekten lebt. Und die CRM-Anwendung muss auf
Datenbanken zugreifen (Kundendaten, Produktdaten, Auftragsdaten), die
bereits von anderen Applikationen genutzt werden. Nun hat jede
Applikation ihre eigene Sicht der Dinge und damit eine eigene Art diese
Daten darzustellen, die kaum von der CRM-Anwendung ad hoc unterstützt
wird.
Der letzte Punkt ist recht einfach eingeordnet: Dies ist das Kernproblem
jeder IT-Realisierung von CRM-Prozessen. Ob nun ASP oder nicht, das hat
hier weder Vor- noch Nachteile. Üblicherweise gibt es vier Wege dieses
Kernproblem anzugehen:
• Man programmiert die CRM-Applikation um, so dass diese auf den
vorhandenen Datenstrukturen arbeitet. Die IT-Abteilungen großer Konzerne
entscheiden sich häufig für diese Lösung, da sie die Ressourcen haben,
dies überhaupt anzugehen. Sollte es je zu einem längeren Wirkbetrieb
kommen, dann ist spätestens bei einem Release-Wechsel Schluss.
• Man spiegelt Datenbanken und entwickelt Methoden diese jeweils zu
synchronisieren. Jede Applikation arbeitet in ihrer Datensicht und
funktioniert entsprechend fehlerfrei. Natürlich liegt das Problem beim
Spiegeln: Nicht jedes Datenfeld hat eine Entsprechung in der
CRM-Applikation und umgekehrt. Also gehen Informationen verloren, werden
inkonsistent oder können gar nicht erfasst werden. Auch dieser Weg ist
eher größeren Unternehmen vorbehalten, da der Aufwand für die
Implementierung der Datenspiegelung und der Fehlersuche immens ist.
• Man implementiert den CRM-Prozess als völlig getrennten Prozess und
synchronisiert maximal über Kenner wie Auftragsnummer oder Kundennummer.
Dies ist eher für kleinere Unternehmen geeignet, da ein Großunternehmer
hiermit nicht ausreichend seine Rationalisierungspotenziale heben
könnte.
• Man kauft Software aus einer Hand. Dies ist der Königsweg und nur für
Unternehmen gangbar, deren bisherige Applikationslandschaft ersetzbar
ist. Also eher kleinere Unternehmen. Großkonzernen gelingt das Ablösen
vorhandener monolithischer Systeme in den seltensten Fällen.
Zielgruppe kleine und mittlere Unternehmen
Und nun wird auch klar, für welche Zielgruppe CRM als ASP nicht sinnvoll
ist: Mittelgroße und größere Unternehmen sollten eine hausinterne Lösung
finden. Kleine und mittlere Unternehmen haben dagegen durch eine
ASP-Lösung keinen Implementierungsnachteil, sehr wohl aber die zitierten
Vorteile.
Probleme bereitet natürlich jede kundenspezifische Anpassung. Diese
resultieren zum einen aus branchenspezifischen Anforderungen, zum
anderen sind Prozesse und IT-Anwendungen meist historisch gewachsen und
können nicht ohne weiteres umgebaut werden. Hinzu kommen bestimmte
Vorlieben der IT-Abteilung und der am Prozess beteiligten Vertriebs- und
Marketingeinheiten. Teilweise können ASP-Anwendungen in Form von
konfigurierbaren Modulen dies bereits abbilden. Alles was darüber hinaus
geht, führt aber ASP-Projekte ad absurdum. Will ein Unternehmen also die
Vorteile einer ASP-Lösung nutzen, dann muss es seine Prozesse der
Software anpassen und nicht umgekehrt. Weiterhin muss es gegebenenfalls
Altanwendungen aus dem ERP-Segment durch Neuanwendungen vom ASP-Provider
ersetzen. Auch an dieser Stelle gilt: Die notwendige Bereitschaft findet
sich eher in kleineren Unternehmen.
CRM fehlt vielerorts noch
Auf der Marketingseite bietet CRM einen weiteren Vorteil als ASP-Modell:
Viele Unternehmen haben keine oder keine funktionierenden CRM-Prozesse.
Eine funktionierende Buchhaltung oder ein Auftragsmanagement hat dagegen
jede Firma. Bei CRM klafft also momentan noch eine Marktlücke, in die
ein ASP-Anbieter einsteigen und gegebenenfalls die Prozesse der
Unternehmen durch sein Angebot formen kann. Bei fast allen anderen
Unternehmensprozessen ist dies nicht mehr der Fall.
Wie schnell eine solche Lösung produktiv gehen kann, hängt von der
Unternehmensgröße und den eingesetzten Features ab. Einfache Lösungen,
wie zum Beispiel eine Makleranbindung sind schon in wenigen Stunden
installierbar. Komplexere Systeme mit Integration in bestehende
Workflows benötigen dagegen Wochen oder Monate. Bei größeren Unternehmen
dauert es eher Jahre und man kann dann kaum noch von ASP sprechen.
Besonderen Erfolg verspricht CRM als ASP vor allem in den Branchen mit
starken Außendienststrukturen, also für Makler von Versicherungen und
Immobilien, in der Pharmabranche und natürlich in der IT-Industrie. Auch
Industrien mit einem starken mittelständischen Anteil sind geeignet, wie
der Maschinenbau oder die Automobilzulieferer. Schließlich auch alle
freien Berufe, da diese meist mittelständisch sind und ihren eigenen
Außendienst darstellen, also Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer,
Ingenieurbüros und die mit der Datev schon erwähnten Steuerberater.
FAZIT
Während
mittelgroße und große Unternehmen im Customer Relationship
Management tunlichst eine hausinterne Lösung finden sollten,
stehen kleine und mittlere Unternehmen ASP-Lösungen offener
gegenüber. Sie können ihre Prozesse einer Standardlösung
unterordnen. Ein weiterer Erfolgsfaktor für das Mietmodell: In
vielen Unternehmen fehlen konsequente CRM-Prozesse noch. |
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ASP dient auch der CRM-Verbreitung
Das Thema CRM ist aber nicht nur selbst dazu gut, die ASP-Umsätze
voranzutreiben. Umgekehrt wird ASP auch das Thema CRM in vielen Branchen
unterstützen können und dabei dann eher für Großkonzerne interessant.
Als Beispiel seien die Banken genannt. Diese unterhalten seit Jahren mit
ihren kleineren Firmenkunden eine sehr intensive integrierte
Zusammenarbeit: Das Online-Banking. Fast alle ERP-Systeme für
mittelständische Firmen können über die BTX-Schnittstelle direkt mit der
Bank kommunizieren, eingehende Umsätze mit Forderungen abgleichen und
Rechnungen bezahlen. Für die Banken liegt es nahe diese Kundenbeziehung
im CRM-Sinne auszubauen und ihren Kunden weitere ASP-Dienstleistungen
zur Verfügung zu stellen. Erste Firmenkundenportale sind bereits in
Betrieb und man wird zukünftig noch mehr sehen. Vom Cash-Management bis
zum Forderungseinzug kann eine Bank hier die Palette der
ASP-Dienstleistungen zur Verfügung stellen. Und seine eigenen
CRM-Systeme mit den sich dabei ergebenden Daten füttern.
Thomas Helbig
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