Kampf um Standards und Margen
PC-Branche versus Telekommunikations-Industrie
Das Zusammenwachsen aller Bereiche aus
Telekommunikation, Informatik und Medien führt oftmals dazu, dass sich
marktführende Unternehmen plötzlich in einem erbitterten Wettbewerb mit
Firmen sehen, die sie bislang gar nicht als Konkurrenz wahrgenommen
hatten. Ganz einfach, weil sie aus einer anderen Branche stammen.
Das geflügelte Wort vom „Zusammenwachsen der TIMES-Märkte“ (Telekommunikation, Informatik, Medien Entertainment, Systems) verdeckt manchmal den Blick auf die Folgen dieses Zusammenwachsens: Etablierte, marktführende Unternehmen finden sich plötzlich in einem erbitterten Wettbewerb mit Unternehmen wieder, die sie wenige Jahre zuvor noch nicht einmal auf der Beobachtungsliste hatten. Nicht weil diese konkurrierenden Unternehmen kleine Startups waren, sondern einfach, weil sie aus einer anderen Branche zu kommen schienen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Entwicklung des WAP-Standards. Die weltweiten Handy-Marktführer wie Nokia, Motorola, Ericsson und Siemens wurden vor wenigen Jahren durch die zu erwartenden Internet-Dienste und Organizer-Funktionalitäten für Handys in ihrer relativ stabilen Marktsituation durcheinander gewirbelt. In Japan wurde durch das Aufkommen von I-Mode gezeigt, dass die aus der PC-Welt stammende Technologien auch Handys nützlicher machen können. Und Palm hatte mit dem Palm VII demonstriert, dass es mobile Geräte geben kann, die nicht als Telefon gedacht sind. Die nicht erkannte Gefahr für die Mobilfunkbranche: Keiner der Handyproduzenten beherrscht die PC-und Internettechnologie, weder technisch, noch durch Marktmacht. Dazu kam, dass die Netze der Mobilfunkanbieter meist ebenfalls mit Technologien der vier Handyhersteller ausgestattet sind. Hier liegt das eigentlich profitable Geschäft der Handyhersteller, das nun gefährdet wäre, wenn teure Vermittlungsstellen und SMS-Server einfach durch preiswerte Cisco-Router oder Intel-Microsoft-Server ersetzt würden. Die Lösung der Handy-Hersteller ist bekannt: WAP wurde erfunden als proprietäres, nicht besonders leistungsfähiges Protokoll, das Technologien erforderte, die meist nur bei den Handyherstellern zu haben waren. Einziger wirklicher Vorteil gegenüber dem Internet-Standard HTML: Alle Handyhersteller einigten sich auf WAP und unterstützten es voll. Die Interessen der Telekommunikationsfirmen und ihrer Kunden blieben dabei völlig unberücksichtigt: Kein WAP-Browser konnte z.B. eine im WAP-Web angezeigte Rufnummer dann auch direkt anrufen!! Für diesen Kampf der Giganten um den führenden Standard lassen sich unzählige aktuelle und zukünftige Beispiele geben. Mit zu den spannendsten gehören:
Es scheint wahrscheinlich, dass die Softwareanbieter aus der Internetwelt mit kundenfreundlichen, geräteübergreifenden und netzunabhängigen Systemen eine gute Chance haben, zunehmend die Standards in der Telekommunikationswelt zu setzen. Dieser Herausforderung müssen sich die etablierten Anbieter vorrangig stellen. HANDELSBLATT, Montag, 04. März 2002, 06:41 Uhr
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